Zum Buch Um es vorneweg zu sagen: Wenn man in der Lage ist, über die leder üblichen Schwächen feministischer Sachfiktionalität nonchalant hinwegzulesen, enttäuscht Beate Hausbichler zumindest nicht. Die Einleitung überzeugt komplett und legt den Finger auf exakt die Wunde, die derzeit dafür sorgt, dass sich die geschundene Frauenseele auf lange Sicht nicht in Heilung begeben können wird. Nehmen wir Angela Merkel und Ivanka Trump. Beide wurden mehrfach schon danach befragt, ob sie sich als Feministinnen sehen. Angela Merkel bekennt sich zu ihren Schwierigkeiten, sich so zu belabeln, Ivanka Trump lässt sich knallhart als eine solche feiern. Und nun die Masterfrage: Wer von beiden ist der Sache förderlicher? Hausbichler und ich setzen klar auf Merkel. Ehrliche Distanz schlägt privilegierte Eigenetikettierung. Oder wie steht es mit dem „Frauenpower“-Spielfilmthemenabend auf RTL2? Coole Sache oder Grütz?
Die Hardcore-Feministin Hausbichler und der bewegte Mann Wonschewski – a.k.a. Hirnorganismus Pi – rufen: Grütz. Ja, Hausbichler arbeitet ganz wunderbar das Problem heraus, dass alle Bewegungen haben, wenn sie erst einmal in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind und größer und immer größer werden.Natürlich gibt es in Hausbichlers Buch viele Punkte, die nach altbekanntem Muster allzu offensichtlich dazu dienen sollen, Unterdrückungsempörung hervorzurufen, weswegen sie auch freudig hingeklatscht, aber eben nie weiter erörtert werden. Gerne zwei Beispiele: a) „In Branchen mit starkem Frauenüberhang werden miese Löhne bezahlt“. Der Satz, wenn er so vaterseelenallein in der Gegend herumsteht, ist gleichermaßen wahr wie luftig. Frau Hausbichler wird schon wissen, warum Sie das so schwabbelig formuliert und nicht mehr dazu sagt. Denn nicht nur mir, sondern offensichtlich auch ihr fallen mindestens genauso viele Branchen mit Männerüberhang ein, wo miese Löhne bezahlt werden. Dass die mies bezahlten Paketfahrer besser dastehen als die mies bezahlten Damen in der Pflege, darf gerne per Studie mal ermittelt werden. Bis es jedoch so weit ist, sollten wir derlei hingeploppte Sätze als das nehmen, was sie sind: Klientelgerede. Noch schöner b) „80 Prozent derer, die wegen des Klimawandels ihre Heimat verlassen müssen, sind Frauen“. Da gibt es zwar eine (feministische) Quelle zu, dort war für mich aber nicht mehr herauszubekommen. Und da wir zu dieser bemerkenswerten Zahl auch von Hausbichler nichts weiter erfahren, erneut steht da nur dieser eine Satz, wie bestellt und nicht abgeholt, schlägt mein Logikhirn aus. Dass der prototypische Flüchtling männlich ist, lässt sich vielleicht noch wegkürzen, weil die alle aus Bürgerkriegsgebieten kommen, irgendwie, vielleicht. Aber warum müssen Frauen, wenn die Dürre kommt, weg – und Männer nicht? Werden, wenn es in Deutschland regnet, auch immer nur die Frauen nass? Haben zentralafrikanische Männer einen anderen Verdauungstrakt und können nötigenfalls auch Wüstensand futtern? Oder brauchen die Männer nicht zu fliehen, weil längst auf den Feldern verreckt, von Milizen über den Haufen geschossen? Ich will es ja nur begreifen, sehr gerne lasse ich mich aufklären, dafür muss man aber eben auch ein wenig faktengebefreudig sein, sonst wird das nichts, sonst stößt man die, die man überzeugen möchte, einfach nur ab. Bei derlei nicht weiter erläuterten Effekthascherln fällt mir nur noch der lustige Satz von Hillary Clinton ein, wonach zuvorderst Frauen die Leidtragenden eines Krieges sind. Klar sind sie das, sogar statistisch – weil alle anderen tot sind oder smooth in Kriegsgefangenschaft ablachsen, sich da hotelmama-mäßig durchfüttern lassen.
Da ich Beate Hausbichler für eine intelligente Frau halte, gehe ich davon aus, dass sie schon weiß, warum sie uns bevorzugt zurecht gerahmte Ausschnitte von Realität präsentiert, selten jedoch ganze Bilder. Leute der Fraktion „Glauben“ werden sich freuen, wer wie ich mehr auf „Wissen“ steht, ist über derlei hausbichlerisch passgerechte Flanken auf den eigenen Hausbichler-Kopf immerhin amüsiert. Als Mann würde ich mich über derlei zur Schau gestellte Einäugigkeit wahnsinnig aufregen, als Hirnorganismus Pi grinse ich gnädig und verzeihend vor mich hin. Ommmm und so. Zumal der Zweck die Mittel heiligt, wenn Hausbichler die eigene Meute aufrütteln möchte, ist es kommunikativ total state of the art erstmal mit was Verbindendem zu starten, die Leute „abzuholen“. Macht sogar Friedrich Merz so, wenn er sich alle Jubeljahre, ehm Monate, neu um irgendwas bei der CDU bewirbt.
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